Oberirdischer Kalksinter im Glattal/Neckarseitental

ralfeberle

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Hallo!

Zwischen Horb und Sulz im Glattal Richtung Sulz befindet sich ca. 1 km nach der Ortschaft 'Glatt' (Sehenswertes Wasserschloß/Restaurant im Ort:)

BSulzGlatt.jpg
BSchlossGlatt.jpg
BSchlossGlatt2.jpg


direkt rechts an der Straße der sogenannte 'Quellflur Kalksinter'. Das ist eine der ganz wenigen Stellen in Deutschland, wo man oberirdischen Kalksinter und Kalksinterterassen beobachten kann. Allerdings ist der ganze Kalk vollkommen zugemoost. Aber dadurch wiederum bekommt man schöne Kontraste zwischen Wasser und dem Grün des Mooses. Da es dort etwas matschig ist - nicht überall - empfielt sich wasserfestes Schuhwerk. ;)

Das Gebiet zieht sich ca. 100 m in der Breite, das Wesentliche ca. auf 50 m und jeweils ca. 40 m den Hang hoch. Es wurde als Naturdenkmal eingestuft, weshalb man sich dort vorsichtig bewegen sollte, denn die Kalkterrassen sind porös und brüchig. Ich habe in den letzten kalten Tagen dieses Jahres das ganze Gebiet ausgiebig abgelichtet, mit teilweise sehr schönen Eiszapfen und sonstigem Eis vor grünem Moos. Was mir unverständlich ist: Weder der Ort Glatt weist im Web auf das Kleinod hin, noch findet man sonstwo im Web etwas darüber. :(

Gruß,

Ralf

PS. Bilder davon liefere ich nach - heute abend oder morgen!
 
Hallo Ralf,
wie lange mag sowas kleinodig bleiben, wenn man das öffentlich bewirbt.

Vor Jahren hab ich das Pietzmoor bei Schneverdingen (Lüneburger Heide) auch für so ein Kleinod gehalten. Mit dem touristischen Ausbau und der Werbung wurden die Wege immer breiter und die Besucher immer rücksichtsloser. Die Hälfte der Besucher fährt da inzwischen mit dem Mountainbike durch. Jedenfalls ist mir das so aufgefallen.

Ich denke, dass man Naturschutz nur betreiben kann, wenn solche Kleinode wirksam geschützt werden. Das schließt Besucher nicht aus, wenn man sie kanalisieren kann. Aber Werbung sollte man m. M. nach nicht machen.

Gruß und
 
Hallo Hippo!

Stünde mein Posting in der Tageszeitung, würde ich Dir Recht geben. Aber hier im Forum und mit lauter aktiven Fotografinnen und Fotografen, die ein Auge für Naturschönheiten haben, denke ich wird die Besichtigung vorsichtig und ohne Zerstörungen erfolgen.

Gruß,

Ralf
 
RalfEberle schrieb:
Hallo Hippo!

Stünde mein Posting in der Tageszeitung, würde ich Dir Recht geben. Aber hier im Forum und mit lauter aktiven Fotografinnen und Fotografen, die ein Auge für Naturschönheiten haben, denke ich wird die Besichtigung vorsichtig und ohne Zerstörungen erfolgen.

Gruß,

Ralf

Ralf, du hast mich missverstanden.
Ich habe nicht kritisiert, dass du hier im Forum Werbung für eine klasse Foto-Location machst.
Du hast dich ein wenig darüber beklagt, dass du darüber nichts im Internet gefunden hast...
Und ich fand diese Tatsache gut für die Natur ;)

Gruß
 
Hallo!

Hier die Impressionen des Naturdenkmals 'Quellflur Kalksinter':

rme_kalksinter01.jpg
rme_kalksinter02.jpg
rme_kalksinter03.jpg
rme_kalksinter04.jpg
rme_kalksinter05.jpg

rme_kalksinter06.jpg
rme_kalksinter07.jpg

Gruß,

Ralf
 
Hallo,

das man den Kalk nicht sieht sondern nur das grüne Moos hat folgende Ursache. Das Moss entzieht dem Wasser den Kalk und versteinert dadurch. Über diese Versteinerung baut sich neues grünes Moos auf, das den Vorgang wir vor beschrieben fortsetzt. Dadurch wachsen die Terrassen immer weiter. Das Wachstum kann unter Umständen mehrere Millimeter im Jahr betragen.

Schöne Fotos

mfg ;D trekker
 
Hallo!

Vielen Dank. Ganz treffend ist die Erklärung aber nicht. Kaltes Wasser kann viel mehr in Form von Calciumhydrogencarbonat gelösten Kalk enthalten, als warmes. Tritt das Wasser an die Oberfläche, erwärmt es sich, CO2 tritt aus und der Kalk scheidet sich ab. Starke Bewegung des Wassers erleichtert das Entweichen von CO2 noch.

Dadurch überzieht das kalkhaltige Wasser alles, mit dem es in Berührung kommt, mit einer Kalkschicht. Das betrifft Äste, Laub und das Moos. Das Moos stirbt irgendwann ab, treibt aber gleichzeitig neu aus. So ist die zweite Moosschicht unter der grünen sehr brüchig, da jedes Hälmchen einen Kalkpanzer hat. Kaltes Wasser scheidet eher Kalzit ab. Im Prinzip geschieht bei Tropfsteinen das Gleiche.

Das Wasser des Quellflurs oben ist wie z.B. auch bei den Krka-Wasserfällen oder den Plitvicer-Seen in Jugoslavien nicht aggressiv. Dadurch können Pflanzen am Sinterbeckenrand wachsen. Anders ist es bei Kalksinter in vulkanischen Gegenden. Deren schwefelhaltiges Wasser tötet praktisch alles ab und das heiße Wasser scheidet eher harten Aragonit ab.

Gruß,

Ralf
 
hallo,

also ich war nie der große Geologie-Freak.
Aber wenn ich diese Erkärungen lese, dann merke ich, wie unglaublich spannend und interessant diese Dinge sind - danke! :D


liebe Grüße
Christa
 
Hallo!

Mein Klugscheißermodus noch dazu:

Mit so kurzen Zeiträumen gibt sich eigentlich die Geologie als Wissenschaft nicht ab, Versinterungsprozesse spielen sich viel zu schnell ab! So schnell können die Geologen gar nicht gucken. Für die Geologen sind die Eiszeiten ja schon das erdgeschichtliche Jetzt. Das ist was für die Geomorphologie, die sich mit den Veränderungsprozessen beschäftigt. die Geomorphologie ihrerseits ist ein Teilgebiet der Physischen Geografie. Physische Geografie und Anthropogeografie bilden zusammen die Geografie (ehemaligen Schülern als Erdkunde bekannt). Geografie und Geologie gehören zusammen zu den Geowissenschaften.

Klugscheißmodus wieder aus!

Gruß

Günter
 
guenter_w schrieb:
Mein Klugscheißermodus noch dazu:

Mit so kurzen Zeiträumen gibt sich eigentlich die Geologie als Wissenschaft nicht ab, Versinterungsprozesse spielen sich viel zu schnell ab! So schnell können die Geologen gar nicht gucken. Für die Geologen sind die Eiszeiten ja schon das erdgeschichtliche Jetzt. Das ist was für die Geomorphologie, die sich mit den Veränderungsprozessen beschäftigt. die Geomorphologie ihrerseits ist ein Teilgebiet der Physischen Geografie. Physische Geografie und Anthropogeografie bilden zusammen die Geografie (ehemaligen Schülern als Erdkunde bekannt). Geografie und Geologie gehören zusammen zu den Geowissenschaften.

Klugscheißmodus wieder aus!

Hallo!

Versinterung? Spielt sich sowas nicht auch im Warmwasserboiler ab...? (Ernst gemeinte Frage)

Gruß und
 
hallo Günter,

:o huch - ich habs geahnt: es hat doch was mit Erdkunde zu tun!
War immer eines meiner Lieblingsfächer... ::) ;D


@ Eike: also die betroffenen Wasserrohre sehen jedenfalls so aus..... ::)


liebe Grüße
Christa
 
talmida schrieb:
@ Eike: also die betroffenen Wasserrohre sehen jedenfalls so aus..... ::)

Naja, das hat mich ja drauf gebracht.
Oder der Eierkocher...

Ich kann mich an ein altes Umzugs-Mitbringsel (unter all den Ammoniten etc.) erinnern, das meine Mutter aus einem Bach fischt hat, der dem Bauerloch, einer Karsthöhle der Schwäbischen Alb bei Neuffen (am Hohenneuffen), entspringt.
Das ist ein flacher Stein mit einer zerbröselten Glasscherbe darauf, die wie ein Diamant von solcher Sintermasse eingefasst ist. Hat mich als Kind immer wieder fasziniert.
 
Hallo Eike!

Du hast das richtige Stichwort gebracht (Karst). Da, wo Karst ist, gibt es Höhlen bzw. Einsturztrichter (nennt man Polje bzw. Doline), Flüsse und Bäche, die plötzlich verschwinden und an ganz anderer Stelle wieder auftauchen. Und natürlich Tropfsteine und Sinterterassen. Das alles hat mit dem Gestein zu tun, in dessen Umgebung sich das abspielt - und das sind vor allem in Deutschland die Gebiete mit Jura (Schwäbische Alb und Fränkischer Jura). Aber auch in der Schweiz, in Frankreich (da heißt die Gegend auch so) und in Slowenien (da kommen die Namen Karst, Polje und Doline her). Die Gewässer haben dort alle eine sehr hohe Kalksättigung, durch Belüftung und Verbindung mit Sauerstoff sowie Kohlensäure wird der Kalk ausgefällt. Manchmal aber auch nicht so schnell und dann kommt unser süddeutscher Wasserkalk als Gruß nach Norddeutschland und bleibt dann als Kalkrand in der Leitung bzw. Kaffeemaschine (ist aber ein anderer Vorgang).

EDIT: (Natürlich was für Schüler und sonstige geografische Laien)

"Tropfsteinbildung
Wegen der Risse im Fels kann durch die Höhlendecken Niederschlagswasser sickern. Es nimmt Kohlendioxid (CO 2) aus der Luft (340 ppm) und vor allem aus der Humusschicht des Bodens ( 10 000 ppm) auf. Das CO 2 des Bodens stammt aus der Atmung der Bodenlebewesen. Sie bauen u. a. Humus ab. Daher ist Humus und Humusnachschub, z. B. durch Laub, notwendig.
Das Kohlendioxid bildet mit Wasser Kohlensäure, welche Kalkstein als Dicarbonat löst. Sickert solches Wasser in eine Höhle, entweicht ein Teil des Kohlendioxids in die Höhlenluft. Der zugehörige Carbonatanteil muss ausfallen. Das ist der Sinter.

Sinter bildet vor allem Schichten. Tropft das Wasser von Vorsprüngen, wachsen hängende Zapfen (Deckentropfsteine = Stalaktiten) und am Boden stehende Tropfsteine (Stalagmiten = Stalagmiten). Sie können auch zusammenwachsen.
Die Farben entstehen durch Verbindungen von Eisen (gelbe, braune) und Mangan (rötliche, graue, schwarze) und ihren Mischungen. Sie kommen mit dem Sickerwasser aus dem Gestein und dem Boden. Das Alter der Tropfsteine liegt zwischen einigen tausend und 100.000 Jahren. Damit sind sie geologisch jung, aus unserer Sicht aber unvorstellbar alt.

Sinterbildung am Bach
Hier fällt der Sinter aus den gleichen Gründen wie in der Tropfsteinhöhle aus. Es überzieht Steine, Blätter, Äste und Pflanzen. Zusätzlich holen sich Wasserpflanzen (Algen, Moose) Kohlendioxid für die Photosynthese aus dem Wasser. Dadurch läuft die Versinterung im Bach erheblich schneller. Die Krusten auf den grünen Pflanzenteilen sind gut zu sehen und zu fühlen. Durch Laub und Äste entstehen kleine "Staudämme". Hier siedeln sich bevorzugt Algen und Moose an. Es verdunstet mehr Wasser. Beides beschleunigt die Sinterbildung. Die Dämme verfestigen sich. Sinterterrassen entstehen."

Nur um weiter oben genannte Vorgänge vollends zu klären.

So - geografisches Kalkgebirge im Kopf wieder ausgeschaltet! Wir fotografieren!

Gruß

Günter
 
guenter_w schrieb:
Jura (Schwäbische Alb und Fränkischer Jura).

bleibt dann als Kalkrand in der Leitung bzw. Kaffeemaschine (ist aber ein anderer Vorgang).

Hallo Günter,

ergänze norddeutsch 'Harz'.
Dort gibt es ebenfalls Karsthöhlen, z. B. die Einhornhöhle bei Scharzfeld oder, bekannter, die Iberger Tropfsteinhöhle. Erstgenannte ist interessant wegen der Deckeneinstürze und wegen einer riesigen Halle, sowie der Knochenfunde, die zur Legende des Einhorns führte, weil sie nicht anders zusammenpassten ;)

Wir haben bei uns eine Wasserhärte von 1!
Der Unterschied wird nur sein, dass dieser Kalk nicht vom CO[sub]2[/sub] aus dem Jura gelöst wurde, oder gar doch...? Jedenfalls dürfte es in der Wasserleitung nicht mehr vorhanden sein und den Kalk im Wasser gelöst zurückgelassen haben. Aber das aufwallende Wasser im Kocher wird wohl den gleichen Vorgang auslösen und den Kalk als Sinter ablagern.

Was verändern dann aber die Marmorsteinchen.... Nee, Schluss jetzt!

Gute Nacht und
 
Was verändern dann aber die Marmorsteinchen....

Die hüpfen auf dem dem Kesselboden umher, wenn das Wasser kocht und verhindern dort mechanisch das Festsetzen von Kristallisationskernen und weiteres Anlagern der mineralischen Wasserbestandteile an diese. So lange sie still liegen, bewirken sie gar nichts.

Gruß Jochen
 
Jochen schrieb:
Die hüpfen auf dem dem Kesselboden umher, wenn das Wasser kocht und verhindern dort mechanisch das Festsetzen von Kristallisationskernen und weiteres Anlagern der mineralischen Wasserbestandteile an diese. So lange sie still liegen, bewirken sie gar nichts.

Danke, Jochen, Aber... ;)8)
 
Hallo miteinand,

zu diesem Thema nun auch von mir ein paar Impressionen von den Sinterstufen bei Lilling. 25km nordöstlich Nürnberg.

Sinter1.jpg

Sinter2.jpg

Sinter3.jpg

Sinter4.jpg

nicht ganz so spektakulär wie im Schwarzwald, aber dennoch äußerst sehenswert.
Und am Besten mit der Gräfenbergbahn anfahren, da nur 2 km entfernt das Kloster Weißenohe mit seinen bekannt guten Bieren ist! ;D
 
Hallo!

Tolle Sache - und immerhin gibts eine Info im Web darüber. Spektakulär sind sie aber auch, auf ihre Weise. So tiefe und große Becken hats bei meinem Quellflur bei Glatt nicht.

Gruß,

Ralf
 
hallo zusammen,finde die ausführliche Darstellung des Ganzen ,die Bilder und Erklärungen der Vorgänge sehr aufschlußreich,was aus so Bildern alles abgeleitet werden kann,wunderbar.
Danke für Eure Informationen,habe was dazu gelernt.
lg gartenmacherjo
 
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